28.08.2025 – land und region

Was als Kulturgut mit weltweiter Anerkennung gilt, steht derzeit mit dem Rücken zur Wand: Der deutsche Weinbau steckt in einer tiefgreifenden Krise. Und das nicht, weil die Qualität fehlt, im Gegenteil. Die Reben tragen gut, die Winzer arbeiten mit Leidenschaft, und der Jahrgang 2025 verspricht sensorisch Außergewöhnliches. Doch im Keller stapeln sich die Fässer und draußen wächst die Sorge.

Steigende Kosten, sinkende Preise

Das wirtschaftliche Umfeld hat sich dramatisch verschärft. Personal- und Energiekosten steigen, der Mindestlohn erhöht sich weiter, und qualifizierte Arbeitskräfte sind schwer zu finden. Im Gegensatz dazu fallen die Preise für Fasswein ins Bodenlose: Teilweise liegen sie weit unterhalb der Produktionskosten. Selbst bei hohem Arbeitseinsatz und besten Lagen lässt sich so kein Betrieb dauerhaft tragen.

Besonders kritisch ist dabei: Der größte Kostenfaktor im Weinbau ist die Handarbeit. Wo jede Traube gelesen, jede Rebe geschnitten und jede Zeile gepflegt werden muss, können steigende Löhne nicht einfach kompensiert werden. In Ländern mit geringeren Sozialstandards und niedrigeren Löhnen sind die Produktionskosten deutlich geringer und genau diese Weine dominieren zunehmend den Markt.

Während die heimischen Betriebe ums Überleben kämpfen, füllen preisgünstige Importweine aus Südeuropa und Übersee die Regale der Discounter. Der Preis entscheidet, nicht die Herkunft. Die großen Abnehmer verlangen nach immer günstigeren Produkten, häufig auf Kosten der regionalen Identität.

Der Effekt: Volle Weinkeller, leere Kassen und keine Planungssicherheit für das nächste Jahr. Selbst große Weingüter geraten unter Druck. Wer heute nicht verkaufen kann, hat morgen kein Kapital für die Lese oder Investitionen. Die Folge: Verzicht auf neue Reben, Verzicht auf Innovation und irgendwann Verzicht auf den Betrieb.

Zu den ökonomischen Herausforderungen treten die Folgen des Klimas. Extreme Wetterereignisse, vom Spätfrost über Starkregen bis zur Dürre machen den Reben zu schaffen und erhöhen das Risiko jedes Jahrgangs. Gute Jahre gibt es zwar, aber sie sind keine Garantie für wirtschaftlichen Erfolg, wenn gleichzeitig die Preise verfallen.

Dazu kommen internationale Handelsbarrieren, etwa durch US-Zölle oder Exporthürden, die deutschen Wein auf dem Weltmarkt zusätzlich belasten.

Der Weinbau ist Kulturgut und gefährdet

Wein ist mehr als ein Genussmittel. Wein ist Landschaftspflege, touristische Attraktion und identitätsstiftendes Kulturgut. In Regionen wie an der Saale, der Elbe, der Pfalz, dem Rheingau, an der Mosel oder im Kaiserstuhl prägt der Weinbau das Bild ganzer Dörfer, wirtschaftlich, sozial und kulturell. Wenn diese Betriebe verschwinden, bleiben nicht nur leere Hänge zurück sondern auch leere Dörfer, geschlossene Weinstuben und verlorene Perspektiven.

Schon heute wird deutlich: Verwilderte Rebflächen, sinkender Weintourismus, schwindende Ausbildungsplätze. Die Krise hat längst das Dorf erreicht, nicht nur den Winzer.

Was jetzt passieren muss

Die Krise ist real und sie braucht Antworten. Von der Politik, die mehr als Förderprogramme und Allgemeinplätze liefern muss. Von den Verbrauchern, die beim Einkauf eine bewusste Entscheidung treffen können für Qualität, für Herkunft, für deutsche Weinkultur. Und von der Branche selbst, die offen über neue Vermarktungswege, Qualitätsstrategien und Kooperationen sprechen muss.

Denn klar ist: Ohne politische Flankierung, ohne fairen Markt und ohne gesellschaftliches Bewusstsein für den Wert regionaler Produkte steht der deutsche Weinbau vor dem Aus.

Die Situation ist ernst. Es geht nicht nur um ein Nischenprodukt, sondern um einen ganzen Sektor, der Arbeitsplätze, Identität, Landschaft und Tourismus vereint. Und damit um viel mehr als nur um den Inhalt eines Glases.

Wer Weinbau erhalten will, muss jetzt handeln. Als Konsument. Als Politikerin. Als Gesellschaft. Denn wenn dieser Zug einmal abgefahren ist, lässt sich kein Weinberg mehr einfach reaktivieren. Was heute stirbt, wächst morgen nicht zurück.

Grüße gehen raus ins Land und die Region.

Autor:

Redaktion Land und Region
Christian Kluge

Fotos: KI, Kluge Kommunikation

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