26.11.2024 – land und region

Die Diskussion um die Unterschiede zwischen bio und konventioneller Landwirtschaft wird immer wieder angeheizt – sei es durch politische Kampagnen, Medienberichte oder öffentliche Debatten. Doch diese Trennung ist längst nicht mehr zeitgemäß und hilft weder den Landwirten noch den Verbrauchern. Vielmehr schafft sie Gräben, wo es um Brücken und Zusammenarbeit gehen sollte.

Konventionelle Landwirtschaft: „klassisch-nachhaltig“

Es wird oft vergessen, dass auch die sogenannte konventionelle Landwirtschaft in Deutschland nach hohen Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards arbeitet. Betriebe setzen auf Fruchtwechsel, integrierten Pflanzenschutz, Bodenschutzmaßnahmen und präzise Technologien, um Ressourcen zu schonen und die Umweltbelastung zu minimieren.

Diese Form der Landwirtschaft verdient ebenfalls das Prädikat „nachhaltig“ und „naturnah“. Nachhaltigkeit ist nicht allein an ein Bio-Siegel gebunden, sondern spiegelt sich in der Art und Weise wider, wie Betriebe ihre Böden, Tiere und Pflanzen behandeln. Jeder Landwirt – ob bio oder klassisch-nachhaltig – hat ein existenzielles Interesse daran, die Umwelt zu bewahren, denn sie ist die Grundlage ihrer Arbeit.

Politik und öffentliche Wahrnehmung: Ein falsches Signal

In Sonntagsreden betonen Politiker oft, dass die Spaltung zwischen Bio und konventionell überwunden werden müsse. Doch in der Praxis fördern sie diese Trennung immer wieder – durch Anzeigenkampagnen und Social-Media-Beiträge, die Begriffe wie „gesund“, „natürlich“ oder „nachhaltig“ ausschließlich mit Bio-Produkten verknüpfen. Diese einseitige Darstellung ignoriert die Realität der gesamten Landwirtschaft.

Ist es wirklich nachhaltiger, Bio-Kartoffeln aus Nordafrika zu kaufen, die über tausende Kilometer transportiert werden, statt Kartoffeln von einem konventionellen Betrieb aus der Region? Der Fokus sollte auf regionaler Landwirtschaft liegen, unabhängig vom Anbauverfahren. Regionale Produkte sind frischer, verursachen weniger CO₂-Emissionen durch Transport und stärken die heimische Wirtschaft. Die Frage, ob bio oder klassisch-nachhaltig, tritt dabei in den Hintergrund – entscheidend ist die Nähe und die Qualität.

Gemeinsame Herausforderungen für alle Betriebe

Was in der Diskussion oft vergessen wird, sind die gemeinsamen Herausforderungen, denen sich alle Betriebe – ob bio oder klassisch-nachhaltig – gegenübersehen.

  • Preisdruck: Die Preise für landwirtschaftliche Produkte sind oft so niedrig, dass viele Betriebe – unabhängig von der Bewirtschaftungsform – kaum überleben können.
  • Zukunftsangst: Unsichere politische Rahmenbedingungen und steigende Anforderungen ohne ausreichende Unterstützung belasten alle Betriebe gleichermaßen.
  • Bürokratie: Der Verwaltungsaufwand nimmt zu und wird für viele Landwirte, besonders kleinere Betriebe, zu einer kaum tragbaren Belastung.

Diese Probleme betreffen die gesamte Branche und können nur gemeinsam gelöst werden. Anstatt Spaltungen zu fördern, sollte die Politik die Vielfalt der Landwirtschaft als Stärke betrachten und Rahmenbedingungen schaffen, die allen Betrieben zugutekommen.

Regionale Landwirtschaft fördern statt Spalten

Die Zukunft der Landwirtschaft liegt nicht in der Trennung, sondern in der Zusammenarbeit. Der Fokus sollte auf regionaler, nachhaltiger Produktion liegen, die kurze Wege, frische Produkte und transparente Wertschöpfungsketten ermöglicht.

  • Regionalität bedeutet, Lebensmittel aus der Umgebung zu kaufen, um Transportwege zu reduzieren und die heimische Wirtschaft zu stärken.
  • Zusammenarbeit zwischen Bio-Betrieben und klassisch-nachhaltigen Betrieben kann Synergien schaffen und den Austausch von Wissen und Technologien fördern.
  • Bewusstsein schaffen: Verbraucher sollten besser darüber informiert werden, dass Nachhaltigkeit und Qualität nicht ausschließlich vom Bio-Siegel abhängen, sondern von der Art und Weise, wie Landwirtschaft betrieben wird – regional, ressourcenschonend und verantwortungsbewusst.

Der Markt entscheidet – wo ist die Nachfrage?

Ein weiterer Punkt, der oft vernachlässigt wird, ist die tatsächliche Nachfrage. Die Realität zeigt, dass ein großer Teil der Bevölkerung nicht bereit oder in der Lage ist, höhere Preise für Bio-Produkte zu zahlen. Stattdessen greifen viele Verbraucher zu günstigen Importprodukten oder Angeboten aus dem Ausland.

Hier drängt sich die Frage auf: Warum wird die heimische Landwirtschaft nicht stärker gefördert? Statt auf Importe zu setzen – die oft unter fragwürdigen Umwelt- und Sozialstandards produziert werden – sollte der Fokus auf der Unterstützung heimischer Betriebe liegen. Die Verbraucher müssen durch gezielte Kampagnen und klare Kennzeichnungen ermutigt werden, regionale Produkte zu kaufen – unabhängig davon, ob bio oder klassisch-nachhaltig.

Ein Ende der Spaltung ist nötig

Die künstliche Spaltung zwischen Bio-Landwirtschaft und klassisch-nachhaltiger Landwirtschaft bringt niemanden weiter. Sie löst keine Probleme, sondern vertieft die Gräben in einer Branche, die ohnehin vor großen Herausforderungen steht.

Was wir brauchen, ist ein gemeinsamer Ansatz, der alle Betriebe stärkt und ihre Vielfalt als Chance begreift. Regionalität, Nachhaltigkeit und Qualität sollten dabei im Mittelpunkt stehen – unabhängig von Siegeln und politischen Ideologien.

Die Politik ist gefordert, diese Spaltung nicht länger zu befeuern, sondern die Landwirtschaft als Ganzes zu fördern. Denn ob bio oder klassisch-nachhaltig: Beide leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Ernährungssicherheit, zum Schutz der Umwelt und zur Stabilität ländlicher Räume in Deutschland. Für eine gemeinsame Landwirtschaft

Grüße gehen raus ins Land und Region.

Autor:

Redaktion Land und Region
Christian Kluge

Fotos: Kluge Kommunikation

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