16.06.2025 – land und region
In der gesellschaftlichen Debatte über Tierhaltung stehen häufig Fragen des Konsums und der Ethik im Mittelpunkt. Dabei gerät ein wesentlicher Aspekt zunehmend aus dem Blick: der vielseitige Zusatznutzen von Nutztieren für Landwirtschaft, Kreislaufwirtschaft und Ernährungssysteme. Wer die Debatte ernsthaft führen möchte, sollte diese Leistungen kennen und einordnen, auch abseits der reinen Produktion von Fleisch, Milch oder Eiern.
Gras wird zu Protein und Biomasse wird verwertet
Nutztiere sind in der Lage, pflanzliche Rohstoffe zu verwerten, die für den Menschen nicht essbar sind, insbesondere Gras, Heu und Zwischenfrüchte. Damit machen Wiederkäuer wie Kühe, Schafe und Ziegen aus Rohfaser hochwertige Proteine. Dieses Prinzip ist uralt, effizient und in Grünlandregionen alternativlos. Doch auch Reste aus der Lebensmittelindustrie, etwa Apfeltrester, Presskuchen aus der Ölherstellung oder Kleie, lassen sich durch Tiere sinnvoll in den Kreislauf zurückführen. Was andernfalls als CO₂-produzierender Abfall enden würde, wird so Teil einer nachhaltigen Verwertungskette.
Organischer Dünger: Grundlage für fruchtbare Böden
Gülle, Mist und Kompost tierischen Ursprungs sind wertvolle organische Dünger. Sie erhalten die Bodenfruchtbarkeit, fördern das Bodenleben und tragen zur Humusbildung bei. Gerade im ökologischen Landbau ist der Verzicht auf mineralischen Dünger nur möglich, weil tierischer Dünger zur Verfügung steht. Ohne Nutztiere müsste man auf energieintensive synthetische Alternativen zurückgreifen, mit entsprechenden ökologischen Folgen.
Tierische Nebenprodukte: Vom Heimtierfutter bis zur Pharmaindustrie
Schlachtnebenprodukte sind kein Abfall, sondern Grundlage zahlreicher weiterer Verwendungen. Heimtierfutter enthält hochwertige Proteine aus Bestandteilen, die für den menschlichen Verzehr nicht vorgesehen sind. In der pharmazeutischen Industrie werden tierische Produkte für Impfstoffe, Gelatine oder Enzyme benötigt. Diese Stoffe durch pflanzliche Alternativen zu ersetzen ist bislang weder flächendeckend möglich noch wirtschaftlich sinnvoll, auch wenn daran geforscht wird.
Energie aus der Gülle: Biogas schließt den Kreis
Nutztierhaltung liefert nicht nur Lebensmittel, sondern auch Energie. In Biogasanlagen wird Gülle fermentiert und in Strom, Wärme und Dünger umgewandelt. Das reduziert fossile Energieimporte, stabilisiert regionale Stromnetze und nutzt vorhandene Reststoffe sinnvoll. In vielen Regionen ist Biogas Teil eines funktionierenden Stoffkreislaufs mit positiven Effekten auf Klimaschutz und Wirtschaft.
Landschaftspflege, Biodiversität und kulturelles Erbe
Weidetiere tragen aktiv zur Offenhaltung von Landschaften bei. Sie pflegen Wiesen, Moore und Deiche, verhindern Verbuschung und fördern die Artenvielfalt. Ohne ihre Beweidung müssten viele Flächen kostenintensiv maschinell gepflegt werden oder würden ökologisch und ästhetisch verarmen. Auch alte Nutztierrassen bleiben durch Haltung und Zucht erhalten, ein Beitrag zum genetischen Erbe und zur Vielfalt im Stall.
Ohne Nutztiere wird es kompliziert
Wer fordert, vollständig auf Nutztiere zu verzichten, muss erklären, wie die entstehenden Lücken kompensiert werden sollen: Wie wird organischer Dünger ersetzt? Wohin mit der Biomasse? Wie lassen sich die Stoffkreisläufe schließen? Und wie sichern wir Ernährung und Versorgung in einer Weise, die nicht neue Probleme schafft? Die Diskussion braucht mehr Sachlichkeit und ein realistisches Verständnis der Leistungen, die Nutztiere tagtäglich für unsere Gesellschaft erbringen.
Grüße gehen raus ins Land und die Region.
Autor:
Redaktion Land und Region
Christian Kluge
Fotos: Kluge Kommunikation