27.10.2025 – land und region

Während viele Menschen gedanklich schon beim Martinsgans-Essen oder der Weihnachtsente sind, kämpft die deutsche Geflügelwirtschaft erneut mit einem altbekannten, aber brandaktuellen Gegner: der Geflügelpest. Sie kommt jedes Jahr, meistens im Herbst, manchmal früher, oft schlimmer und immer mit voller Wucht.

Was ist Geflügelpest überhaupt?

Die Geflügelpest, auch bekannt als Vogelgrippe oder HPAI (hochpathogene aviäre Influenza), ist eine hochansteckende Viruserkrankung, die vor allem Gänse, Enten, Hühner und Puten betrifft. Für Menschen ist das Virus in der aktuellen Variante keine akute Gefahr, für die Tiere allerdings tödlich und für die Betriebe existenzbedrohend.

Die Krankheit wird meist von Wildvögeln eingeschleppt. Besonders im Herbst und Winter steigt das Risiko, weil Zugvögel auf ihren Routen Halt machen und die Viren in die Nähe der Stallanlagen bringen. Eine verseuchte Feder, ein bisschen Kot am Schuh, manchmal reicht das schon.

Stallpflicht und Keulung – harte Maßnahmen mit ernsten Folgen

Sobald ein Ausbruch festgestellt wird, greifen strenge Seuchenschutzmaßnahmen: Der betroffene Bestand wird komplett getötet unabhängig davon, wie viele Tiere Symptome zeigen. Auch benachbarte Betriebe geraten unter Druck. Rund um den Ausbruch werden Restriktionszonen eingerichtet, Märkte verboten, Transportwege gesperrt, ganze Regionen stillgelegt.

Besonders hart trifft es Betriebe mit Freilandhaltung. Denn wenn Stallpflicht herrscht, dürfen die Tiere nicht mehr raus. Für viele Verbraucher, die gezielt auf „Freiland“ achten, mag das paradox wirken. Für die Landwirte ist es Alltag in der Seuchensaison und ein Drahtseilakt zwischen Tierwohl, Sicherheit und wirtschaftlichem Überleben.

Versorgungssicherheit steht auf dem Spiel

Die Geflügelpest ist nicht nur ein Problem der Landwirtschaft sie betrifft uns alle. Denn sie bringt Versorgungsketten durcheinander, lässt Preise steigen und stellt die Planungssicherheit auf den Kopf. Wenn zigtausende Tiere gekeult werden müssen, fehlt das Fleisch später im Kühlregal.

Gleichzeitig müssen Landwirtinnen und Landwirte mit einem enormen Druck umgehen: Hygienevorgaben, Meldesysteme, Notfallpläne, Biosicherheitsmaßnahmen alles wird penibel kontrolliert. Doch am Ende kann trotz größter Sorgfalt ein Ausbruch eintreten, der das Lebenswerk bedroht.

Besonders schwer wiegt: Der Erreger bleibt in der Umwelt über Wochen aktiv in Wasser, in Kot, auf Oberflächen. Ein regnerischer, windiger Herbst macht es noch schwerer, die Ställe sicher zu halten. Selbst unter besten Bedingungen ist der Schutz vor einem Eintrag nie zu 100 Prozent möglich.

Hinzu kommt: Die Geflügelpest ist mittlerweile keine saisonale Ausnahme mehr, sondern ein Dauerbrenner. Deutschland verzeichnet regelmäßig mehrere Hundert Ausbrüche pro Jahr mit steigender Tendenz.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Die Geflügelpest stellt nicht nur Tierhalter, sondern auch die Politik vor große Fragen: Wie gelingt langfristiger Schutz? Wie bleibt Freilandhaltung möglich? Und wie können Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin regionales Geflügelfleisch aus Deutschland erhalten, sicher, hochwertig und verantwortungsvoll produziert?

Eine einfache Antwort gibt es nicht. Klar ist aber: Die heimische Geflügelhaltung braucht Rückhalt – gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich. Denn ohne sie wird aus dem Wunsch nach Tierwohl und Regionalität ganz schnell ein Importprodukt mit langen Transportwegen, unklarer Herkunft und weniger Standards.

Geflügelpest ist mehr als ein Betriebsproblem. Sie ist ein Teil unserer Realität in einem hochsensiblen Ernährungssystem. Wer die Martinsgans genießt, sollte auch wissen, was dahintersteht: Verantwortung, Schutzmaßnahmen, Arbeitskraft und jeden Tag das Risiko, dass ein einziger Eintrag alles verändert.

Grüße gehen raus ins Land und die Region.

Autor:

Redaktion Land und Region
Christian Kluge

Fotos: Kluge Kommunikation

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