10.11.2025 – land und region
Die Geflügelpest, auch Vogelgrippe genannt, sorgt regelmäßig für Schlagzeilen. Wenn Tierbestände gekeult werden müssen und Bilder von Containern voller Kadaver durch die Medien gehen, ist die Aufregung groß. Und oft nicht weit davon entfernt: Schuldzuweisungen. Der Deutschlandfunk-Kommentar „Ein Ende der Massentierhaltung wäre der beste Schutz“ bringt die gängige These auf den Punkt: Schuld ist das System – und das heißt angeblich immer Massentierhaltung.
Doch ganz so einfach ist es nicht. Wer Ursachen bekämpfen will, muss sie differenziert analysieren. Was provoziert die Geflügelpest wirklich? Und welche Rolle spielen Haltungssysteme, Wildvögel, Virusevolution und Prävention?
Wildvögel sind keine Boten – sie sind Teil des Zyklus
Entgegen der Aussage im Deutschlandfunk, Wildvögel seien „nur die Boten“, ist in Fachkreisen unstrittig: Der globale Eintrag des Virus erfolgt regelmäßig durch Zugvögel. Sie sind keine bloßen Überbringer, sondern Teil eines natürlichen Infektionsgeschehens. Vor allem Wasservögel wie Enten und Gänse tragen niedrigpathogene Varianten des Virus in sich oft ohne selbst zu erkranken. Diese Viren können in Kontakt mit Nutztieren mutieren und gefährlicher werden. Die Erreger gelangen also von außen in die Bestände nicht umgekehrt.
Enge Haltung = höhere Anfälligkeit? Ja, aber das ist nur ein Teil der Wahrheit
Es stimmt: Je mehr Tiere auf engem Raum gehalten werden, desto höher ist das Risiko, dass sich ein Virus schnell verbreitet. Das ist aber nicht gleichbedeutend mit der Behauptung, die Massentierhaltung sei die Ursache der Geflügelpest. Denn: Auch kleine Betriebe sind nicht immun. In vielen Fällen der letzten Jahre waren es sogar Hobbyhaltungen, in denen erste Ausbrüche festgestellt wurden oft nach direktem Kontakt zu Wildvögeln.
Wissenschaftliche Risikobewertungen des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) bestätigen: Das größte Eintragsrisiko ist die Einschleppung durch Wildvögel, nicht die Größe des Betriebs.
Stallpflicht, Biosicherheit und Seuchenschutz sind entscheidend
Deutschland hat hohe Standards bei der Tierhaltung und extrem hohe Anforderungen an die sogenannte „Biosicherheit“. Dazu gehören z. B. Hygieneschleusen, Schutzkleidung, Desinfektion, geschlossene Ställe und klare Trennung zwischen Wild- und Nutzvögeln. Diese Maßnahmen schützen Tiere egal wie viele es sind.
Die verpflichtende Stallhaltung in bestimmten Regionen ist kein Zeichen für Missstände, sondern ein seuchenhygienisches Instrument. Sie soll verhindern, dass Wildvögel Kontakt mit Nutzgeflügel haben. Wer pauschal Freilandhaltung als Lösung propagiert, ignoriert diese Realität.
Der Unterschied zwischen Ethik und Epidemiologie
Es ist legitim, über Tierwohl, Haltungsformen und Konsumgewohnheiten zu diskutieren. Doch ethische Fragen dürfen nicht mit virologischen Tatsachen vermischt werden. Die Geflügelpest ist eine Tierseuche mit komplexen Ursachen, globaler Dynamik und biologischer Realität. Die Behauptung, das System sei „krank“ und produziere Seuchen, verkennt diese Zusammenhänge nicht. Seuchen entstehen nicht, weil es viele Tiere gibt sondern weil Viren mutieren, zirkulieren und übertragen werden.
Und: Wer fordert, dass Eier und Fleisch künftig teurer werden sollen, darf nicht gleichzeitig pauschal gegen Subventionen wettern. Eine Tierhaltung mit höchsten Standards kostet Geld ob im Stall oder auf der Wiese.
Landwirtschaft ist kein Feind von Natur und Tierschutz. Sie ist Teil der Lösung, wenn man sie lässt. Und wer wirklich etwas gegen Seuchen tun will, muss auf Prävention, Forschung, Biosicherheit und internationale Kooperation setzen. Nicht auf populistische Schuldzuweisungen.
Die Geflügelpest ist eine ernsthafte Herausforderung für Tierhalter, Veterinärämter und Verbraucher. Sie lässt sich nicht durch ideologische Debatten bekämpfen, sondern nur durch faktenbasierte Maßnahmen, hohe Standards und verantwortungsvolle Tierhaltung. Wer den Tieren wirklich helfen will, muss mit Wissen handeln nicht mit Vorurteilen.
Grüße gehen raus ins Land und die Region.
Autor:
Redaktion Land und Region
Christian Kluge
Fotos: Kluge Kommunikation