15.12.2025 – land und region

Über viele Jahrhunderte war die Kirche ein selbstverständlicher Teil des dörflichen Lebens und damit auch eng verbunden mit der Landwirtschaft. Man kannte sich, traf sich auf dem Hof, feierte gemeinsam Erntedank, begleitete einander durchs Jahr. Heute hat sich dieses Verhältnis spürbar verändert. Zwischen ethischen Erwartungen, symbolischen Gesten und praktischen Entscheidungen entsteht zunehmend ein Spannungsfeld. Dabei wäre der gemeinsame Weg wichtiger denn je.

Wenn Pachtverträge zur Prüfung werden

Ein zentrales Thema ist das kirchliche Eigentum an landwirtschaftlichen Flächen. Viele Kirchen sind Großverpächter und in den letzten Jahren wurden vielerorts neue Kriterien bei der Vergabe eingeführt: Bioprinzip, Nachhaltigkeitsziele, gesellschaftliche Erwartungen. Doch oft gilt dabei: Nur Bio zum alten Preis. Das führt zu Frust bei Landwirtinnen und Landwirten, die sich bemühen, die Flächen weiter zu bewirtschaften, aber nicht in jedem Fall die Umstellung leisten können oder dürfen. Vor allem, wenn der Betrieb bislang konventionell und mit hoher Qualität gewirtschaftet hat.

Die Folge: Flächen gehen verloren, Vertrauen ebenso. Vor Ort fragt man sich: Wo ist die Kirche, die früher unsere Partnerin war?

Auch auf Veranstaltungen, Kirchentagen und Podien wird die Landwirtschaft oft zum Thema aber selten mit den Menschen, die sie betreiben. Kritik an Tierhaltung, Düngung oder Klimafolgen wird geäußert, häufig ohne differenzierten Blick auf die Praxis. Landwirtinnen und Landwirte erleben dann nicht selten: Die Meinung steht schon, der Platz am Tisch ist vergeben. Dabei bräuchte es gerade in ethischen Fragen einen echten Dialog und keine Einbahnstraße.

Viele Landwirte berichten von einer großen Distanz zwischen kirchlichen Reden und bäuerlichem Alltag. Tierwohlpredigten, Mahnungen zur Schöpfungsbewahrung oder der Segen fürs Vieh sind gut gemeint aber wenn gleichzeitig pauschale Kritik an Tierhaltung geäußert wird, ohne je einen modernen Stall von innen gesehen zu haben, entsteht Unverständnis. Wer wirklich ethisch diskutieren will, muss die Realität der Tierhaltung kennen mit allen Herausforderungen und Bemühungen.

Kirche verliert den ländlichen Raum und merkt es oft spät

Gottesdienste werden seltener, Pfarrer und Pfarrerinnen wechseln häufiger, viele Gemeinden verlieren ihre feste Bindung zum Dorfleben. Gleichzeitig steigen die moralischen Erwartungen gegenüber Landwirten. Doch wer nicht mehr präsent ist, kann auch nicht glaubwürdig fordern. Viele Familien fühlen sich allein gelassen in Krisen, im Umbruch, im Alltag. Früher kam der Pfarrer mit auf den Hof, heute kommt kaum noch jemand mit aufs Feld.

Trotz aller Herausforderungen zeigt sich: Es geht auch anders. Überall dort, wo Kirche nicht von oben spricht, sondern mit den Menschen ins Gespräch kommt, entstehen neue Formen von Nähe und Vertrauen:

  • Adventsandachten im Kuhstall
  • Hofgottesdienste mit der ganzen Gemeinde
  • Seelsorge nach Tierverlusten
  • Konfirmandenunterricht auf dem Bauernhof
  • Blühstreifen als Gemeinschaftsprojekt von Kirchengemeinde und Betrieb
  • Gottesdienste am Feld vom nhänger herunter

Diese Beispiele zeigen: Beziehung ist möglich wenn man sie will.

Kirche und Landwirtschaft stehen beide unter Druck gesellschaftlich, finanziell, emotional. Doch gerade deshalb sollten sie nicht auseinanderdriften, sondern gemeinsam nach Wegen suchen. Landwirtschaft ist Teil der Schöpfung, aber auch Teil der Wirklichkeit. Und Kirche darf nicht nur Forderungen stellen, sie muss zuhören, begleiten und mitgestalten.

Denn genau das war ihre Stärke: Dort zu sein, wo das Leben spielt.

Unsere Landwirtschaft, unsere Zukunft.

Grüße gehen raus ins Land und die Region.

Autor:

Redaktion Land und Region
Christian Kluge

Fotos: Kluge Kommunikation

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