18.11.2024 – land und region
Das Leben auf dem Land hat für viele Menschen eine besondere Anziehungskraft. Die Ruhe, die Nähe zur Natur und die Gemeinschaft eines Dorfes sind Qualitäten, die in einer zunehmend hektischen Welt immer mehr geschätzt werden. Es ist erfreulich, dass viele Menschen das Landleben wiederentdecken und sich bewusst entscheiden, aufs Dorf zu ziehen. Neue Bewohner bringen frischen Wind, neues Leben und oft auch Kinder in die Dörfer, was für viele Gemeinden ein Segen ist. Aber: Wer sich für das Leben auf dem Land entscheidet, sollte sich auch mit den Realitäten dieses Lebens auseinandersetzen – und dazu gehört, dass das Dorfleben nicht immer still und sauber ist und das es Lärm auf dem Land gibt.
In den letzten Jahren mehren sich Berichte über Klagen und Beschwerden gegen Landwirte, weil der Hahn kräht, der Herdenschutzhund bellt, der Mähdrescher staubt oder der Güllewagen Gerüche verbreitet. Solche Konflikte scheinen ein Grundsatzproblem zu offenbaren: Viele Menschen, die aufs Land ziehen, sehen in der Idylle vor allem eine Kulisse – nicht aber den funktionierenden Lebens- und Arbeitsraum, den es in Wahrheit darstellt.
Landwirtschaft ist kein Freizeitpark, sondern ein Wirtschaftszweig
Die Landwirtschaft ist ein essenzieller Wirtschaftszweig, der weit mehr ist als bloße Landschaftspflege. Landwirte arbeiten rund um die Uhr, um die Gesellschaft mit Lebensmitteln zu versorgen. Dabei gehören Maschinenlärm, der Geruch von Gülle oder die Geräusche von Tieren zum Alltag. Das ist keine „Störung“, sondern die Grundlage dafür, dass unsere Supermarktregale gefüllt sind und dass die Natur in der Umgebung bewirtschaftet und gepflegt bleibt.
Maschinen wie Mähdrescher, Häcksler oder Radlader machen Lärm auf dem Land gibt und arbeiten oft zu untypischen Zeiten, weil es das Wetter oder der Arbeitsaufwand erfordert. Tiere müssen auch an Wochenenden und Feiertagen gefüttert und versorgt werden. Das sind keine Entscheidungen aus Bequemlichkeit, sondern Notwendigkeiten, die das Leben und Arbeiten in der Landwirtschaft bestimmen. Gleichzeitig zahlen Landwirte Steuern, tragen zur Wirtschaftskraft der Region bei und sichern Arbeitsplätze – Aspekte, die oft übersehen werden, wenn es zu Beschwerden kommt.
Hähne, Hunde und Gülle gehören zum Land
Die Klagen über Hähne, die morgens krähen, oder Hunde, die nachts bellen, sind ein Paradebeispiel für fehlendes Verständnis für das Landleben. Ein Hahn gehört auf einen Hof, ebenso wie ein Herdenschutzhund dort seinen Zweck erfüllt, nämlich Tiere vor dem Wolf zu schützen – ein Schutz, der in Zeiten von wachsenden Wolfsbeständen politisch gewollt ist. Wer diese Geräusche als störend empfindet, sollte sich ernsthaft fragen, ob das Leben auf dem Land die richtige Wahl ist.
Auch die Gerüche der Landwirtschaft, etwa von Gülle, sind unvermeidlich. Gülle ist kein Abfallprodukt, sondern ein wichtiger natürlicher Dünger, der Böden nährstoffreich hält und den Einsatz synthetischer Düngemittel reduziert. Wer sich über den Geruch beschwert, verkennt die Bedeutung dieser Praxis für die nachhaltige Landwirtschaft.
Fehlende Auseinandersetzung mit dem Lebensraum
Ein weiteres Problem scheint zu sein, dass sich viele Menschen vor ihrem Umzug nicht ausreichend mit den Gegebenheiten des Landlebens auseinandersetzen. Der Alltag in einem Dorf unterscheidet sich grundlegend von dem in der Stadt oder Vorstadt. Das betrifft nicht nur die Geräusche und Gerüche, sondern auch das soziale Miteinander. Das Dorfleben lebt von gegenseitigem Verständnis und der Bereitschaft, sich auf die Gegebenheiten einzulassen. Wer diese Realität nicht akzeptiert, trägt zur Spaltung der Dorfgemeinschaft bei und gefährdet das Zusammenleben.
Landwirtschaft und Dorfleben in Einklang bringen
Das Leben auf dem Land ist ein Geben und Nehmen. Neue Bewohner bringen frischen Wind und können dazu beitragen, das Dorfleben zu bereichern. Gleichzeitig sollten sie bereit sein, die Gegebenheiten der Landwirtschaft zu akzeptieren, die Teil dieses Lebens sind. Ein respektvoller Dialog zwischen Alteingesessenen, Landwirten und Zugezogenen ist entscheidend, um Konflikte zu vermeiden und ein gemeinsames Verständnis zu fördern.
Statt über Lärm und Dreck zu klagen, sollten neue Bewohner die Chance nutzen, die Landwirtschaft kennenzulernen. Besuche auf den Höfen, Gespräche mit Landwirten oder die Teilnahme an Dorffesten können dazu beitragen, Berührungsängste abzubauen und ein besseres Verständnis für die Herausforderungen und die Bedeutung der Landwirtschaft zu entwickeln.
Respekt für das Landleben
Die Landwirtschaft ist kein Relikt der Vergangenheit, sondern ein unverzichtbarer Wirtschaftszweig, der das Leben auf dem Land prägt. Wer aufs Land zieht, sollte das nicht nur akzeptieren, sondern auch respektieren. Klagen gegen Hähne, Hunde oder Güllegeruch sind absurd und zeigen oft ein mangelndes Verständnis für die Realität des Landlebens.
Statt Konflikte zu schüren, sollten wir daran arbeiten, das Leben und Arbeiten auf dem Land zu unterstützen – denn nur so bleibt das Dorfleben lebendig und die Landwirtschaft zukunftsfähig. Es braucht Verständnis, Toleranz und vor allem: Respekt für die Menschen, die unsere Lebensmittel produzieren und unsere Landschaft pflegen.
Grüße gehen raus ins Land und Region.
Autor:
Redaktion Land und Region
Christian Kluge
Fotos: Kluge Kommunikation