07.11.2024 – land und region
Lebensmittelverschwendung ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit. Jährlich werden in Deutschland rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittel entsorgt – und das in einem Land, das über eine hochentwickelte Landwirtschaft verfügt und dessen Ressourcen für die Nahrungsmittelproduktion intensiv genutzt werden. Diese Verschwendung ist nicht nur ein moralisches Problem, sondern auch eine immense Belastung für Umwelt, Landwirtschaft und Gesellschaft. Sie zeigt, wie weit wir uns in vielen Fällen von einer echten Wertschätzung für Lebensmittel entfernt haben.
Früher, in Zeiten unserer Großeltern, als Hunger in Deutschland noch eine reale Bedrohung war, wurde jedes Stück Brot, jede Kartoffel und jeder Rest mit größter Sorgfalt behandelt. Unsere Großmütter kannten noch den Wert von Lebensmitteln und die Arbeit, die in ihrer Erzeugung steckt. Diese Wertschätzung scheint heute vielfach verloren gegangen zu sein. Lebensmittel sind durch ihre ständige Verfügbarkeit zu Wegwerfprodukten geworden. Doch hinter jedem weggeworfenen Apfel oder jeder verschwendeten Milchpackung stehen kostbare Ressourcen: fruchtbarer Boden, sauberes Wasser, Dünger, Energie und die harte Arbeit der Landwirte.
Für die Landwirtschaft ist diese Verschwendung besonders bitter. Landwirte arbeiten täglich unter oft schwierigen Bedingungen, um Nahrungsmittel in hoher Qualität zu erzeugen. Sie investieren in ihre Böden, setzen Maschinen ein, pflegen Tiere und kümmern sich um die Ernte. Wenn diese Produkte dann ungenutzt im Müll landen, ist das nicht nur ein wirtschaftlicher Verlust für die Landwirte, sondern auch ein moralisches Versagen unserer Gesellschaft. Die Wertschöpfungskette wird durchbrochen, und die Anstrengungen der Landwirtschaft verpuffen, weil Verbraucher, Händler oder bürokratische Vorgaben Lebensmittel nicht als das behandeln, was sie sind: kostbare Ressourcen.
Ein wesentlicher Treiber der Verschwendung ist die Bürokratie, die den Umgang mit Lebensmitteln stark reguliert. Zwar sind klare Standards für die Lebensmittelsicherheit unabdingbar, doch in vielen Fällen führen überzogene Regularien dazu, dass genießbare Lebensmittel aussortiert werden. Produkte mit leichten Schönheitsfehlern oder solchen, die die Norm nicht erfüllen, werden oft gar nicht erst in den Handel aufgenommen. Diese Standards, die nicht selten auf rein optischen Kriterien beruhen, stehen im Widerspruch zur Nachhaltigkeit und zur Wertschätzung von Lebensmitteln.
Auch das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) trägt zur Lebensmittelverschwendung bei. Es wird häufig als Verfallsdatum missverstanden, obwohl viele Produkte auch lange nach Ablauf des MHD noch problemlos genießbar sind. Hier braucht es eine umfassende Aufklärung der Verbraucher und eine Diskussion über die Notwendigkeit, wie das MHD gestaltet ist. Eine größere Orientierung an der tatsächlichen Haltbarkeit der Produkte könnte den Verbrauchern helfen, Lebensmittel bewusster zu konsumieren und weniger wegzuwerfen.
Die Verschwendung von Lebensmitteln bedeutet auch eine immense Ressourcenverschwendung. Für jedes Kilogramm weggeworfener Lebensmittel wurden wertvolle Ressourcen wie Boden, Wasser, Energie und Arbeitskraft eingesetzt – und diese werden immer knapper und teurer.
Es ist daher dringend notwendig, dass sich die Gesellschaft wieder stärker auf den Wert von Lebensmitteln besinnt. Wir müssen lernen, Lebensmittel als das zu sehen, was sie sind: ein kostbares Gut, das mit viel Aufwand, Zeit und natürlichen Ressourcen produziert wird. Verbraucher, Handel und Politik müssen gleichermaßen Verantwortung übernehmen. Das bedeutet, den Umgang mit Lebensmitteln in Haushalten bewusster zu gestalten, bürokratische Hürden in der Vermarktung zu überdenken und Landwirte für ihre harte Arbeit angemessen zu entlohnen.
Lebensmittelverschwendung ist kein unvermeidbares Schicksal. Sie ist ein Ausdruck von Bequemlichkeit, Überfluss und mangelnder Wertschätzung – und das können wir ändern. Unsere Großeltern haben uns gezeigt, wie ein respektvoller Umgang mit Nahrungsmitteln aussieht. Es ist an der Zeit, dass wir uns daran erinnern und diese Haltung in unseren Alltag, unsere Politik und unsere Wirtschaft integrieren. Denn jedes weggeworfene Lebensmittel ist ein Verlust, den wir uns weder gesellschaftlich noch ökologisch leisten können.
Grüße gehen raus ins Land und Region.
Autor:
Redaktion Land und Region
Christian Kluge
Fotos: Kluge Kommunikation