20.11.2025 – land und region

Der jüngste Preissturz bei der geamten. Weißen Line, also Milch, Joghurt, Butter, usw. hat viele Landwirtinnen und Landwirte überrascht. Zwar ist die verfügbare Milchmenge im Herbst tatsächlich etwas höher als noch im Sommer, doch dieses Plus allein erklärt nicht, warum Discounter erneut aggressiv an der Preisschraube drehen. Die „weiße Linie“ wird damit einmal mehr zum Symbol eines Systems, das Preise schneller fallen lässt, als ein Stall sich füllen kann. Die Frage ist, was solche Rabattschlachten für Erzeuger, Verbraucher und die Zukunft der Milch bedeuten.

Mehr Milch im Markt – aber kein Grund für Preisdumping

Die saisonal steigende Milchmenge ist ein normales Muster. Dass die Rohmilchmenge leicht anzieht, kann daher gewisse Preisbewegungen nach unten erklären. Doch der aktuelle Preisrutsch geht darüber hinaus. Er entsteht weniger aus Überangebot, sondern aus Wettbewerbsstrategien großer Handelsketten, die um Marktanteile ringen. Dieser Mechanismus verschiebt die Verantwortung für Stabilität einseitig auf die Erzeuger, die mit ihren Kosten nicht einfach „mitfallen“ können.

Aldi und Lidl stehen seit Jahren im scharfen Wettbewerb um die günstigsten Preise. Die weiße Linie hat sich dabei zu einem sichtbaren Spielfeld entwickelt, weil Milch ein stark wahrgenommenes Grundnahrungsmittel ist. Sinkt ihr Preis im Regal, erzeugt das Aufmerksamkeit und suggeriert günstiges Einkaufen. Für den Handel ist das ein kalkulierbares Marketinginstrument. Für die Landwirtschaft bedeutet es dagegen, dass ihre Produkte zu Signalen im Preiswettbewerb werden, während der tatsächliche Wert der Milch in den Hintergrund rückt. Diese Entkopplung zwischen Handelstaktik und Produktionsrealität ist eines der Kernprobleme der aktuellen Preisdiskussion.

Steigende Kosten auf dem Hof, sinkende Preise im Regal

Landwirtschaftliche Betriebe stehen seit Jahren unter Kostendruck. Futter, Energie, Löhne, Maschinen und Stalltechnik sind teurer geworden. Auch Investitionen in Tierwohl und Klimaschutz sind notwendig und gesellschaftlich gewünscht. Diese Kosten lassen sich nicht kurzfristig anpassen, weil landwirtschaftliche Produktionsprozesse langfristig angelegt sind. Wenn die Auszahlungspreise nun deutlich sinken, geraten Betriebe schnell in wirtschaftliche Schieflagen. Der Preiskampf an der Ladenkasse verschiebt das Risiko komplett auf die Erzeuger, obwohl gerade sie die gesamte Wertschöpfung erst möglich machen.

Milch ist mehr als ein Marktinstrument

Die Diskussion um die weiße Linie berührt einen grundsätzlichen Punkt: Welche Bedeutung geben wir Lebensmitteln? Wenn Preise künstlich niedrig gehalten werden, entsteht der Eindruck, hochwertige Produkte ließen sich beliebig billig herstellen. Doch Milch ist ein sensibles Naturprodukt, das von Tierhaltung, Fütterung, Pflege und arbeitsintensiven Prozessen abhängt. Ein dauerhaftes Unterbieten mag kurzfristig den Wettbewerb beleben, langfristig jedoch gefährdet es Betriebe, regionale Versorgungsketten und die Bereitschaft, in Qualität und Tierwohl zu investieren.

Ein Markt mit Zukunft braucht fairere Spielregeln

Der Anstieg der Milchmenge ist kein Freifahrtschein für drastische Preisabschläge. Es braucht eine differenzierte Betrachtung, die sowohl Marktmechanismen als auch die betriebliche Realität berücksichtigt. Wer dauerhaft sichere und qualitativ hochwertige Lebensmittel möchte, muss den Menschen zuhören, die sie erzeugen. Ein stabiler Milchmarkt entsteht nicht durch kurzfristige Rabatte, sondern durch faire Partnerschaften zwischen Landwirtschaft, Molkereien und Handel. Die weiße Linie darf kein Schlachtfeld bleiben, sie sollte ein verbindendes Element einer Versorgungskette sein, die Verantwortung und Wertschätzung wieder ins Gleichgewicht bringt.

Grüße gehen raus ins Land und die Region.

Autor:

Redaktion Land und Region
Christian Kluge

Fotos: Kluge Kommunikation

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner