08.05.2025 – land und region
In vielen Regionen Deutschlands gehören Reitwege selbstverständlich zur Landschaft. Sie sind klar ausgeschildert, rechtlich geregelt und dienen einem wichtigen Zweck: der sicheren und konfliktfreien Ausübung des Reitsports sowie der Fortbewegung von Pferd und Reiter. Was für Außenstehende wie ein romantischer Waldweg wirkt, ist in Wahrheit ein elementarer Bestandteil der Infrastruktur für Pferdesport und Weidetierhaltung – insbesondere im ländlichen Raum.
Klare Rechtslage – aber häufig Unkenntnis
Nach § 41 der Straßenverkehrsordnung (Zeichen 238) sind Reitwege ausschließlich für Reiterinnen und Reiter vorgesehen. Andere Nutzungen – etwa durch Radfahrer, Spaziergänger oder Hundehalter – sind dort grundsätzlich nicht erlaubt, sofern keine ergänzende Beschilderung dies ausdrücklich gestattet. Doch genau hier liegt eines der Probleme: Viele Menschen kennen die Bedeutung dieser Schilder nicht oder ignorieren sie.
Pferde sind Fluchttiere – Rücksicht ist Sicherheit
Ein Pferd ist kein Fahrzeug. Es reagiert sensibel auf seine Umgebung. Unerwartete Geräusche, schnelle Bewegungen oder frei laufende Hunde können es erschrecken – mit möglicherweise schweren Folgen für Reiter, Pferd und andere Beteiligte. Wer mit dem Fahrrad dicht auffährt, ein Tier nicht anleint oder sich lautstark nähert, setzt andere einem unnötigen Risiko aus.
Gerade in Reitregionen mit starker Pferdehaltung oder Wanderschäferei sind diese Wege zentrale Verbindungen zwischen Stall, Weide oder Ausbildungsplätzen. Rücksicht auf Reiter und Pferde ist kein Gefallen, sondern eine Verpflichtung.
Landwirtschaft und Reitsport – mehr als nur Freizeit
Was oft vergessen wird: Viele Reitwege sind Teil genutzter Wirtschaftsflächen. Hier geht es nicht nur um Sport oder Freizeit, sondern um Arbeit und Verantwortung – etwa in der Jungtierausbildung, in der therapeutischen Arbeit mit Pferden oder im Rahmen der Weidetierhaltung. Auch die Zucht seltener oder robuster Rassen sowie die Erhaltung von Kulturlandschaften sind ohne den Einsatz von Pferden oft nicht denkbar.
Reitwege sind damit ein Teil funktionierender, landwirtschaftlich geprägter Räume – und keine Einladung zur freien Nutzung durch jedermann.
Konflikte nehmen zu – gegenseitiger Respekt ist gefordert
Die Zahl der Menschen, die sich im Grünen erholen, steigt – verständlich und grundsätzlich zu begrüßen. Doch die zunehmende Mehrfachnutzung derselben Wege führt immer öfter zu Spannungen. Radfahrer, Jogger, Hundebesitzer, Spaziergänger, Reiter – sie alle bewegen sich auf engen Wegen, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Erwartungen und Rücksichtnahmen.
Vor allem Reitende berichten vermehrt von Unfällen und gefährlichen Situationen – verursacht durch rücksichtslose Mitnutzung, fehlendes Verständnis für tierisches Verhalten oder schlicht Unkenntnis.
Klare Empfehlungen für alle Nutzergruppen
Damit das Miteinander gelingt, braucht es klare Regeln – und gelebte Rücksichtnahme:
Für Reitende:
- Nach Möglichkeit auf gekennzeichneten Wegen bleiben.
- Bei Begegnungen deutlich kommunizieren.
- Auf andere Rücksicht nehmen – etwa bei dichtem Gegenverkehr.
Für andere Wegnutzer:
- Reitwege respektieren – und nur mit ausdrücklicher Erlaubnis nutzen.
- Pferden mit Abstand begegnen, Tempo verringern, keine abrupten Bewegungen.
- Hunde anleinen – immer. Auch, wenn sie „eigentlich nichts machen“.
- Kinder im Umgang mit Pferden sensibilisieren.
Reitwege erhalten – und das Miteinander aktiv gestalten
Der ländliche Raum ist mehr als ein Ausflugsziel. Er ist Lebens- und Arbeitsraum, Wirtschaftsraum, Naturraum. Wer dort unterwegs ist, betritt keine Freizeitzone, sondern eine gewachsene Kulturlandschaft. Reitwege gehören dazu – als Teil einer nachhaltigen Nutzung von Natur, als Angebot für Sport und Erholung, aber auch als Lebensgrundlage für viele Betriebe.
Die Debatte um Rücksichtnahme auf Reitwegen ist deshalb kein Nebenthema. Sie ist Teil der größeren Frage: Wie gelingt das Miteinander von Landwirtschaft, Freizeit, Naturschutz und öffentlicher Nutzung?
Rücksicht ist keine Geste – sie ist Voraussetzung
Am Ende des Tages geht es um ein einfaches Prinzip: Wer draußen unterwegs ist, soll sich informieren, Rücksicht nehmen und Verantwortung zeigen. Reitwege verdienen den gleichen Respekt wie Feldwege, Wiesen oder Waldgebiete. Es geht nicht um Verbote – sondern um Verständnis.
Denn nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme können wir den ländlichen Raum als vielfältigen Lebens- und Erholungsraum erhalten – für Menschen, Tiere und Natur.
Autor:
Redaktion Land und Region
Christian Kluge
Fotos: Kluge Kommunikation