03.02.2025 – land und region
Die sogenannten „roten Gebiete“ sind ein zentrales Problem für die deutsche Landwirtschaft. Sie wurden eingerichtet, um den Nitratgehalt im Grundwasser zu senken, doch die Art und Weise der Ausweisung und Umsetzung hat massive Fehlsteuerungen zur Folge. Das Oberlandesgericht Lüneburg hat die aktuelle Ausweisung dieser Gebiete gekippt – ein klares Zeichen, dass die bisherigen Regelungen nicht tragfähig sind.
Warum gibt es die roten Gebiete?
Die roten Gebiete wurden als Reaktion auf die EU-Nitratrichtlinie geschaffen. Deutschland wurde von der EU-Kommission wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser abgemahnt und musste Maßnahmen zur Reduzierung ergreifen. Die Lösung der Politik: großflächige Einschränkungen für Landwirte in bestimmten Gebieten – unabhängig davon, ob der einzelne Betrieb tatsächlich zur Belastung beiträgt oder nicht.
Welche Auflagen gelten dort?
In den roten Gebieten müssen Landwirte erhebliche Einschränkungen hinnehmen:
- Reduzierung der Stickstoffdüngung um pauschal 20 % unter den pflanzenbaulichen Bedarf.
- Strengere Dokumentationspflichten und Nachweispflichten für Düngemaßnahmen.
- Einschränkungen beim Anbau bestimmter Kulturen, die auf ausreichende Düngung angewiesen sind.
Ein Beispiel für die negativen Auswirkungen: In vielen roten Gebieten ist es nicht mehr möglich, Backweizen anzubauen, da dieser eine ausreichende Stickstoffversorgung benötigt. Solche Fehlsteuerungen schränken nicht nur die landwirtschaftliche Produktion ein, sondern gefährden auch regionale Wertschöpfungsketten und die Vielfalt im Anbau.
Problematische Messverfahren und einseitige Schuldzuweisung
Die Grundlage für die Ausweisung der roten Gebiete sind Nitratmesswerte, die an sogenannten Messstellen ermittelt werden. Doch hier gibt es gravierende methodische Probleme:
- Veraltete und unrepräsentative Messstellen: Viele Messstellen sind Jahrzehnte alt und wurden ursprünglich für völlig andere Zwecke eingerichtet. Teilweise liegen sie an Standorten, die keine repräsentativen Aussagen über das gesamte Gebiet zulassen.
- Ungenaue Datengrundlage: Es gibt Regionen, in denen nur sehr wenige Messstellen existieren, deren Werte dann auf große Flächen übertragen werden – unabhängig davon, ob dort tatsächlich eine Belastung vorliegt.
- Fehlende Ursachenforschung: Nitratwerte im Grundwasser werden fast ausschließlich der Landwirtschaft angelastet. Dabei wird ignoriert, dass auch andere Faktoren – wie marode Abwassersysteme, alte Kläranlagen oder industrielle Einleitungen – erheblich zur Nitratbelastung beitragen. In vielen Kommunen gibt es undichte Abwasserleitungen, durch die ungeklärte Abwässer ins Grundwasser gelangen, doch diese Problematik bleibt weitgehend unbeachtet.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Lüneburg – ein Wendepunkt?
Das Oberlandesgericht Lüneburg hat die derzeitige Ausweisung der roten Gebiete gekippt. Der Grund: Die bisherige Methodik zur Gebietsausweisung war wissenschaftlich nicht belastbar und führte dazu, dass auch Regionen mit nachweislich guten Grundwasserwerten pauschal als rote Gebiete eingestuft wurden. Dieses Urteil zeigt, dass die Kritik der Landwirte berechtigt war. Eine differenzierte Betrachtung ist notwendig, anstatt Betriebe pauschal zu bestrafen.
Dänemark macht es besser – ein Blick über die Grenze
Während Deutschland noch an ineffizienten Maßnahmen festhält, hat Dänemark bereits Konsequenzen aus ähnlichen Fehlern gezogen. Dort wurden anstelle großflächiger pauschaler Einschränkungen gezielte Maßnahmen auf belasteten Flächen eingeführt. Dazu gehören:
- Präzisere Messmethoden und eine differenzierte Ausweisung betroffener Gebiete.
- Förderung von Technologien zur besseren Nährstoffeffizienz.
- Anreize für Landwirte, nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden einzusetzen, anstatt pauschale Verbote zu erlassen.
Das dänische Modell zeigt, dass Umweltschutz und landwirtschaftliche Produktion kein Widerspruch sein müssen – wenn Maßnahmen gezielt, wissenschaftlich fundiert und
Nachhaltige Lösungen statt pauschaler Restriktionen
Die roten Gebiete in ihrer jetzigen Form sind eine Fehlsteuerung, die sowohl den Landwirten als auch der Umwelt schadet. Statt pauschaler Beschränkungen braucht es gezielte Maßnahmen, eine wissenschaftlich fundierte Datengrundlage und eine echte Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft.
Zudem muss die Nitratbelastung ganzheitlich betrachtet werden: Neben der Landwirtschaft müssen auch Abwasser- und Kläranlagenprobleme angegangen werden. Einseitige Schuldzuweisungen führen nicht zu besseren Ergebnissen, sondern belasten lediglich diejenigen, die unsere Lebensmittel produzieren.
Deutschland sollte aus den Fehlern lernen – und sich erfolgreiche Lösungen wie in Dänemark zum Vorbild nehmen. Die Landwirtschaft ist bereit, Verantwortung für den Gewässerschutz zu übernehmen und tut sie bereits erfolgreich. Sie braucht jedoch Rahmenbedingungen, die praxistauglich, fair und wirksam sind.
Grüße gehen raus ins Land und Region.
Autor:
Redaktion Land und Region
Christian Kluge
Fotos: Kluge Kommunikation