25.11.2024 – land und region

Die Diskussion über Tiertransporte wird häufig emotional geführt, oft begleitet von Vorwürfen gegen Landwirte, Transportunternehmen und Fahrer. Dabei wird oft ein verzerrtes Bild gezeichnet, das der Realität nicht gerecht wird. Tatsache ist: Tiertransporte sind eine notwendige Komponente der modernen Landwirtschaft, und in den letzten Jahrzehnten hat sich in diesem Bereich viel getan, um den Tieren eine möglichst stressarme und tiergerechte Beförderung zu ermöglichen. 

Tiertransporte und Tierwohl

Die Tiertransporte in Deutschland unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben, die kontinuierlich angepasst und verschärft wurden. Moderne Tiertransporte berücksichtigen heute zahlreiche Aspekte des Tierwohls, wie etwa die richtige Belüftung, rutschfeste Böden und ausreichend Platz für die Tiere. Auch die Fahrer der Tiertransporter sind speziell geschult, um mit den Bedürfnissen der Tiere verantwortungsvoll umzugehen. Diese Menschen sind keine Tierquäler, sondern oft selbst mit der Landwirtschaft verbunden und haben ein Interesse daran, die Tiere sicher und ohne unnötigen Stress an ihr Ziel zu bringen. 

Es ist wichtig zu betonen, dass die Landwirte, die ihre Tiere auf den Transport geben, ebenfalls ein hohes Interesse am Wohl der Tiere haben. Denn Stress oder Verletzungen beeinträchtigen nicht nur die Tiere selbst, sondern auch die Qualität der erzeugten Produkte. Tierwohl ist also nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch eine Grundlage für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Landwirtschaft.

Warum sind Tiertransporte notwendig?

Tiertransporte sind nicht aus Bequemlichkeit entstanden, sondern eine Folge struktureller Veränderungen in der Fleischverarbeitung. In den letzten Jahrzehnten sind viele regionale und örtliche Schlachtereien verschwunden. Die Gründe dafür sind vielfältig, doch ein zentraler Faktor sind die zunehmenden gesetzlichen und bürokratischen Anforderungen an Schlachtbetriebe. Diese Vorschriften sind wichtig, um Hygiene und Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten, doch sie stellen kleinere Betriebe oft vor unlösbare Herausforderungen. 

Das Ergebnis: Viele mittelständische und kleine Schlachtereien mussten schließen, und die Fleischverarbeitung hat sich zunehmend in große, zentralisierte Schlachthöfe verlagert. Diese Entwicklung führt dazu, dass Tiere oft über weite Strecken transportiert werden müssen, um geschlachtet zu werden. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass die Verantwortung dafür nicht bei den Landwirten oder den Transportunternehmen liegt, sondern in der Struktur der Lebensmittelindustrie und den politischen Rahmenbedingungen.

Verbraucher haben Einfluss

Ein weiterer wichtiger Punkt, der in der Debatte oft vergessen wird, ist die Rolle der Verbraucher. Jeder Einzelne von uns muss sich fragen: Wann habe ich das letzte Mal bei einem regionalen Schlachter oder Metzger eingekauft? Durch unsere Einkaufsentscheidungen unterstützen wir entweder regionale Wertschöpfungsketten oder die zentralisierte Fleischindustrie mit ihren Großschlachthöfen. 

Regionale Schlachtereien und Metzgereien können nur überleben, wenn sie genügend Kunden haben, die bereit sind, für Qualität und Regionalität einen fairen Preis zu zahlen. Der Rückgang dieser Betriebe ist auch ein Ergebnis von Konsumgewohnheiten, die auf Masse und günstige Preise ausgerichtet sind. Wer sich für regionale Lebensmittel und kurze Transportwege einsetzt, muss diese Entscheidung auch im Alltag treffen – durch den bewussten Einkauf bei lokalen Anbietern.

Der Weg nach vorne

Es ist richtig und wichtig, die Notwendigkeit von Tiertransporten kritisch zu hinterfragen und den Tierschutz weiter zu verbessern. Doch die pauschale Verteufelung von Tiertransporten greift zu kurz. Vielmehr sollten wir die Ursachen hinter den langen Transportwegen bekämpfen – etwa durch die Förderung regionaler Schlachtereien, die Entbürokratisierung kleiner Betriebe und die Schaffung von Anreizen für regionale Wertschöpfungsketten. 

Gleichzeitig liegt es an jedem von uns, mit bewussten Kaufentscheidungen die Strukturen zu unterstützen, die wir uns wünschen. Wer regionale Schlachter und Metzger stärken will, muss dort einkaufen. 

Verantwortung teilen

Tiertransporte sind ein unverzichtbarer Teil der modernen Landwirtschaft, der sich stetig weiterentwickelt, um den Anforderungen des Tierwohls gerecht zu werden. Doch sie sind auch ein Symptom für eine zentralisierte Lebensmittelindustrie, die auf Effizienz und Masse ausgerichtet ist. Die Verantwortung, diese Strukturen zu verändern, liegt nicht allein bei der Landwirtschaft, sondern bei uns allen – von der Politik über die Wirtschaft bis hin zu den Verbrauchern. 

Nur durch einen respektvollen Dialog und eine ganzheitliche Betrachtung können wir gemeinsam Lösungen finden, die sowohl das Tierwohl als auch die wirtschaftliche Realität der Landwirtschaft berücksichtigen.

Grüße gehen raus ins Land und Region.

Autor:

Redaktion Land und Region
Christian Kluge

Fotos: Kluge Kommunikation

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