02.05.2025 – land und region

Die Diskussion um den Wolf ist in Deutschland längst mehr als ein Naturschutzthema. Sie ist zum Prüfstein geworden – für den Umgang mit Realität, Verantwortung und dem ländlichen Raum. Der „Tag des Wolfes“ am 30. April gibt Anlass, nicht nur über das Tier zu sprechen, sondern über seine Wirkung auf eine jahrhundertelange Kulturlandschaft: die Weidewirtschaft.

Weidehaltung unter Druck

Weidehaltung steht für Tierwohl, für Artenschutz durch Offenlandpflege, für den Erhalt alter Nutztierrassen, für Biodiversität und für regionale Wertschöpfung. Doch genau diese Form der Landwirtschaft wird zunehmend gefährdet – durch immer häufigere Wolfsübergriffe.

Und nein, der Wolf unterscheidet nicht zwischen seltenen Rassen, artgerechter Haltung oder liebevoll geführten Familienbetrieben. Für ihn ist die Weide ein gedeckter Tisch.

Tiere, Strukturen und Perspektiven gehen verloren

Die Zahl der Übergriffe auf Nutztiere steigt. Ganze Herden werden gerissen, Tiere verstümmelt, Halter traumatisiert. Nicht selten folgt der Ausstieg aus der Weidehaltung. Und damit verschwinden auch:

  • Landschaftspflege
  • CO₂-Bindung durch extensive Grünlandnutzung
  • Wiesenvogelschutz
  • Regionale Wertschöpfung

Es sind nicht nur Tiere, die sterben – es sind Strukturen, Existenzen und Perspektiven.

Unverhältnismäßigkeit: Ein Blick nach Skandinavien

Ein Vergleich zeigt, wie aus dem Ruder die Situation in Deutschland geraten ist: Schweden und Norwegen haben zusammen über 835.000 Quadratkilometer Fläche. Niedersachsen hat gerade einmal 48.000 Quadratkilometer – also etwa ein Zwanzigstel. Und trotzdem leben in Niedersachsen mehr Wölfe als in beiden skandinavischen Ländern zusammen.

Was also läuft hier anders? Warum gelingt es anderen Ländern, den Schutz des Wolfs mit praktikablem Wildtiermanagement zu verbinden – und Deutschland scheitert schon an der Grundsatzfrage?

Die Doppelmoral der Tierwohl-Debatte

Wir fordern Tierwohl, Auslauf und Regionalität – doch unregulierte Wolfsbestände zerstören genau diese Strukturen. Die Weidehaltung stirbt nicht, weil die Landwirte keine Lust mehr haben, sondern weil ihnen die Grundlage entzogen wird.

Gleichzeitig liest sich jede Petition für den Wolf inzwischen wie ein Wellness-Katalog für Raubtiere: mit Rückzugsräumen, ökologischer Balance und mentaler Entlastung.

Dabei steht das Tierwohl der Nutztiere längst auf dem Spiel. Denn gerissene Schafe, verstörte Rinder und traumatisierte Herden sind keine Randnotiz – sie sind Realität.

Wolfsmanagement ist kein Tabu, sondern Pflicht

Der Schutz des Wolfes ist unbestritten – auch in der Landwirtschaft. Doch Schutz braucht:

  • Wildtiermanagement mit Augenmaß
  • Rechtssicherheit für Halter
  • Ehrlichkeit im politischen Diskurs

Es reicht nicht, bei jedem Wolfsriss Trost zu spenden oder wolfsfeste Zäune zu fordern, die weder bezahlbar noch flächendeckend umsetzbar sind. Der Wolf lässt sich nicht durch Normhöhen beeindrucken – er springt, klettert, wühlt.

Wer Landwirtschaft will, muss handeln

Wer den ländlichen Raum erhalten will, wer regionale Landwirtschaft stärken möchte, muss jetzt handeln. Es braucht ein Wolfsmanagement, das den Schutz der Weidetiere nicht als Nebenaufgabe, sondern als zentralen Bestandteil betrachtet.

Es braucht einen echten Dialog – nicht zwischen Extremen, sondern auf Basis von Fakten, Verantwortung und Respekt vor denjenigen, die draußen auf den Flächen arbeiten.

Was auf dem Spiel steht

Wenn die Weidehaltung stirbt, verschwindet mehr als nur ein Bild von friedlich grasenden Tieren. Dann verlieren wir: Lebensmittelsicherheit, Biodiversität, Landschaftspflege, ländliche Strukturen

Die Frage ist nicht, ob der Wolf bleibt. Die Frage ist: Bleibt die Weidehaltung?

Autor:

Redaktion Land und Region
Christian Kluge

Fotos: Kluge Kommunikation

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