10.08.2025 – land und region
So, endlich Erntewetter. Zwei Wochen Regen, Felder wie Sumpfgebiete, Landwirte mit Wetter-App-Daueralarm. Die letzten 14 Tage war in vielen Regionen alles platt: Maschinen standen, Felder standen, Nerven lagen blank. Aber jetzt – Sonne, Wärme, Boden trocken genug – und zack: Alles muss gleichzeitig runter. Kein „Wir machen das mal schön der Reihe nach“. Nein, hier läuft gerade Landwirtschaft auf der höchsten Drehzahl.
Auf den Wiesen: Vierter Grasschnitt. Mähwerke am Limit, Schwader drehen wie wild, Häcksler fressen das Grün weg, als gäb’s kein Morgen, Ladewagen und ganze Silierketten im Dauereinsatz. Daneben Heuwiesen: Wender, Schwader, Ballenpressen, Ballenwickler – alles auf Hochbetrieb, jede Maschine mit Herzrasen.
Und auf den Äckern? Getreideernte unter Vollgas. Mähdrescher wie goldene Staubsauger, Überladewagen im Shuttle-Service, Abfahrer im Dauerstress, Pressen fürs Stroh gleich hinterher. Der Raps? Genau das Gleiche in Grün. Alles muss jetzt, sofort, ohne Pause. Es ist wie ein Konzert – nur ohne Generalprobe.
Und das alles fällt – natürlich – genau aufs erste Sommerwochenende seit Wochen und die Ferienzeit in vielen Bundesländern. Endlich Sonne, endlich raus, endlich wieder Grillen, Radeln, Badesee. Kann man verstehen. Aber: Wer nicht unter Zeitdruck steht, wer Urlaub hat, wer entspannt ist – der sollte jetzt Landwirten den Vortritt lassen. Ja, der Trecker vor euch auf der Landstraße fährt vielleicht nur 40. Und ja, er bleibt da erstmal. Aber der hat gerade mehr zu tun, als euch die Aussicht zu verstellen. Der fährt nicht zum Spaß, der fährt euer Essen nach Hause.
Und noch was, weil’s wichtig ist: Sicherheit geht vor. Diese Maschinen sind groß, schwer und haben keinen Bremsweg wie ein City-E-Bike. Wenn ihr überholt, macht das mit Abstand – und zwar so viel, dass der Fahrer euch nicht aus dem Rückspiegel suchen muss. Kein Schneiden, kein „Ich dräng mich mal eben vorbei“. Auf den Feldwegen: Kinder an die Hand, Hunde an die Leine. Das ist ein Arbeitsplatz, an dem Tonnen bewegt werden.
Also: Runter vom Gas, hoch mit dem Blick. Guckt euch die Landschaft an. Guckt, wie geerntet wird. Freut euch, dass es Leute gibt, die das machen. Und ganz wichtig: Parkt keine Feldwege zu, nur weil’s 50 Meter näher zum Badesee oder zum Lieblingsspaziergang ist. Diese Wege sind jetzt Lebensadern für Trecker – blockiert ihr die, blockiert ihr die Ernte.
Und wenn’s bei euch abends um zehn immer noch vor der Terrasse rattert, wenn der Mähdrescher Feld zieht, fühlt euch nicht gestört, sondern denkt dran: Das ist nicht Lärm. Das ist Musik. Musik für Brot, Bier, Fleisch, Milch – und alles, was ihr so gerne esst.
Und für die, die richtig punkten wollen: Stellt euch doch mal an den Zaun, winkt, bringt ein paar kalte Getränke und wünscht eine gute Ernte.
Aber wahrscheinlich nicht.
Autor:
Redaktion Land und Region
Christian Kluge
Fotos: Kluge Kommunikation