14.10.2023 – land und region
Am Freitag, den 13. Oktober 2023 hat die Bundesumweltministerin Steffi Lemke im Rahmen einer Pressekonferenz den Umgang mit dem Wolf dargestellt. Was an dieser Pressekonferenz positiv zu bewerten ist, ist, dass zum einen der Ton nicht ideologisch aufgeladen war und das Problem, das die Landwirte mit dem Wolf haben, benannt wurde.
So sagte die Ministerin gleich zu Beginn der PK (Zitat):“…dass wir mit wachsender Wolfspopulation in Deutschland eben zunehmend Risse an Weidetieren verzeichnen müssen. Und wenn es auf der einen Seite den Artenschutz gibt, dann sind auch die Weidetierhalter, für die jeder Riss eines Weidetieres ein großer Schaden ist sowohl ökonomisch aber auch emotional psychologisch, für die Weidetierhalter eine massive Belastung mit sich bringt…“
Die gesamte PK findet ihr hier: https://www.youtube.com/watch?v=qtDwchLlBnY
So weit so gut. Das reicht aber nicht.
Das, was dann als Lösung des Problems verkauft wurde, nämlich die Diskussion um die Vereinfachung von Abschüssen nach Rissen an Weidetieren, ist vollkommen unzureichend. Nur den Praxisleitfaden zu ändern, damit die bestehende Rechtgrundlage besser angewendet werden kann, um das bestehende Recht besser vollziehen zu können, löst nicht das real existierende Problem. Das hat auch der Deutsche Bauernverband (DBV), der Deutsche Jagdverband (DJV) und die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) in einer gemeinsamen Erklärung sehr deutlich gemacht.
Vereinfachung und Anwendung von Rechtsvorschriften schützt kein einziges Weidetier. Im Jahr 2022 hat es über 4.000 verletzte und getötete Nutztiere gegeben, was ein neuer Höchstwert ist. Das sind die Zahlen der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Wolf. Die gesamte Darstellung und Statistik findet ihr hier: https://www.dbb-wolf.de/wolfsmanagement/herdenschutz/schadensstatistik
Aber schauen wir jetzt ins Land und die Region: Die Region, von Cuxhaven bis Diepholz und von Rotenburg bis Oldenburg ist massiv von Wölfen besiedelt bzw. betroffen. Und für die letzten weißen Flecken in Bremen gilt, dass es nicht mehr die Frage ist, ob der Wolf kommt, sondern nur noch die Frage gestellt werden muss, wann. Vereinzelte Risse hat es nämlich auch schon hier gegeben. Die Übersichtskarte findet ihr hier: https://www.bfn.de/sites/default/files/2023-10/Vorkommenskarte%20Wolf_2022_2023_231002.pdf
Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen von Prof. Dr. Sibylle Wenzel, Landestierschutzbeauftragte Bremen, als schwierig einzustufen, um es vorsichtig auszudrücken. Sie sagt in einer Presseerklärung zu den Plänen von Bundesumweltministerin Steffi Lemke und als Maßnahmen zum Schutz der Weidetiere folgendes (Zitat): „Dazu zählen die bevorzugte Nutzung dorfnaher Weiden mit wolfssicheren Weidehütten beziehungsweise Haltung der Tiere in Ställen über Nacht, konsequenter und flächendeckender Weidetierschutz in Form von geeigneten Weidezäunen, die Zusammenstellung von wehrhaften Herden, der Einsatz von Herdenschutzhunden und eine geringere Bejagung von Reh- und Rotwild als Nahrungsquelle für den Wolf.“ Die gesamte Presseerklärung findet ihr hier: https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/abschuss-muss-die-ausnahme-bleiben-432598
Zu diesen Maßnahmen haben wir ein paar Fragen, die sowohl für die ländlichen Räume in Bremen, aber auch in regional angepasster Form auf die gesamte Region zutreffen:
Was sind bitte dorfnahe Weiden? Und was sollte den Wolf abhalten, diese dann zu besuchen? Soll der Großteil der Weiden nicht mehr beweidet werden?
Was sind wolfsichere Weidehütten? Wer baut diese? Wer bringt jeden Abend die Mutterkuhherden von den Umtriebsweiden dorthin?
Wir diskutieren und fördern gerade im Rahmen des Tierwohls und der zu heißen Sommer, dass die Weidetiere im Milchviehbereich gerade die Nachtweide nutzen sollen. Wegen des Wolfes dann doch nicht?
Was sogenannte, geeignete Weidezäune sind, wissen wir. Ob sie wolfssicher sind, lassen wir einmal dahingestellt. Das heißt jetzt also, dass wir die Landschaftsschutzgebiete oder auch die Deiche an den Flüssen und an der Nordsee komplett einzäunen? Uns fallen neben der Landwirtschaft spontan mehrere Umweltverbände und Landschaftsverbände ein, die das auf die Barrikaden treiben wird.
Der Einsatz von Herdenschutzhunden! Wirklich? Das ist der Vorschlag für Regionen, deren ländliche Räume auch Naherholungs- und Urlaubsgebiete für unzählige Menschen sind?
Und was mit der Zusammenstellung von wehrhaften Herden gemeint ist, wissen wir leider nicht. Eine Kurzbefragung von Landwirten hat uns hier auch nicht weitergeholfen.
Was brauchen wir? Wir brauchen keine ideologische, verhasste Diskussion, von keiner Seite. Wir brauchen die gesetzliche Bereitschaft, regional das Problem zu analysieren und regional Lösungen umzusetzen. Das nennt man Wolfsmanagement. Dabei darf nicht zwischen guten und schlechten Tieren unterschieden werden. Tierschutz gilt für alle Wild- und Nutztiere. Wir dürfen das Problem nicht im ländlichen Raum abladen und hoffen, dass es sich von allein löst, und wir sollten uns tunlichst auch damit zurückhalten, aus dem urbanen Raum heraus, wo der Wolf nie vorbeikommen wird, den ländlichen Raum bevormunden zu wollen und praxisferne Vorschläge zu machen.
Autor:
Redaktion Land und Region
Fotos: Kluge Kommunikation