08.08.2025 – land und region

Die größte Gefahr für viele landwirtschaftliche Betriebe kommt heute nicht mehr aus Brüssel oder vom Weltmarkt. Sie wächst leise. Sie wächst schnell. Und sie wächst unterirdisch. Ihr Name: Erdmandelgras. Ein unscheinbares Gewächs, das in Wahrheit zu den 20 gefährlichsten Unkräutern weltweit zählt und auch in Niedersachsen bereits auf dem Vormarsch ist.

Kein harmloses Grün – sondern ein invasiver Neophyt

Erdmandelgras gehört zur Familie der Sauergräser. Es ist ein sogenannter invasiver Neophyt, also eine Pflanze, die ursprünglich nicht hierhergehört, sich aber aggressiv ausbreitet und dabei heimische Arten verdrängt. Genau das geschieht aktuell in verschiedenen Regionen Norddeutschlands.

Einmal angekommen, ist das Erdmandelgras praktisch nicht mehr auszurotten. Der Grund liegt in seiner besonderen Überlebensstrategie: unterirdische Knöllchen, sogenannte Erdmandeln, die selbst Frostperioden, Dürre und intensive Bodenbearbeitung überstehen und aus denen Jahr für Jahr neue Pflanzen wachsen.

Die größte Gefahr geht dabei nicht nur vom Gras selbst aus, sondern von uns oder genauer gesagt: von unseren Maschinen. Überladewagen, Kartoffelroder, Mähdrescher und sogar einfache Pflüge können Erdreste von befallenen Flächen aufnehmen und auf saubere Felder übertragen. Die Erdmandeln kleben oft unsichtbar an den Geräten und werden so von Feld zu Feld transportiert.

Maschinenhygiene wird damit zur Schlüsselmaßnahme im Kampf gegen die Ausbreitung. Doch in der Praxis bleibt dafür im Erntebetrieb oft keine Zeit. Wer denkt schon ans gründliche Waschen der Maschinen, wenn der Kartoffelroder wartet, das Wetter umschlägt und alle Abläufe auf Anschlag laufen?

Früh erkennen, gezielt handeln und ehrlich kommunizieren

Die größte Schwäche des Erdmandelgrases ist die Unwissenheit über seine Existenz. Viele Betriebe erkennen die Pflanze erst, wenn es zu spät ist. Dabei ist sie eigentlich gut zu erkennen: dreikantiger Stängel, glänzend hellgrüne Blätter, Ähren im Spätsommer und die typischen V-förmigen Blätter. Wer sie kennt, kann früh gegensteuern.

Doch selbst dann bleibt die Bekämpfung mühsam. Es gibt keinen wirksamen Herbizid-Wirkstoff, der die Knöllchen zuverlässig zerstört. Auch mechanische Maßnahmen wirken nur begrenzt und müssen über Jahre hinweg wiederholt werden. Die beste Strategie ist deshalb: Vermeidung statt Bekämpfung. Und das beginnt mit einer klaren Kommunikation auf dem Hof, in der Lohnarbeit, in den Maschinenringen.

Ein Appell an Verantwortung und Zusammenarbeit

Erdmandelgras ist kein individuelles Problem. Es ist ein strukturelles. Und es lässt sich nur dann eindämmen, wenn alle Beteiligten verantwortungsvoll handeln und ihr Wissen teilen. Das bedeutet:

  • Maschinen reinigen, bevor sie auf neue Flächen gehen
  • Mitarbeitende und Lohnunternehmer sensibilisieren
  • Verdachtsflächen melden, statt zu schweigen
  • Fruchtfolgen anpassen und konkurrenzstarke Kulturen wählen
  • Gemeinsam über Lösungen sprechen, auch wenn es unbequem ist

Wer glaubt, das sei übertrieben, war noch nie auf einem Feld, das in wenigen Jahren vom Erdmandelgras übernommen wurde. Die Erträge sinken, die Kosten steigen und am Ende ist es oft zu spät.

Es geht nicht um Panik sondern um Prävention

Das Erdmandelgras ist gekommen, um zu bleiben. Aber wir können entscheiden, wie sehr wir es uns auf unseren Flächen bequem machen lassen. Wer rechtzeitig hinschaut, Maschinen bewusst einsetzt und im Team denkt, kann seine Flächen schützen und anderen helfen, es ebenfalls zu tun.

Denn eines ist klar: Auf dem Acker ist niemand allein. Und gerade bei uns in der Region wissen wir, wie viel man gemeinsam erreichen kann, wenn man sich traut, auch die unbequemen Themen offen anzusprechen.

Grüße gehen raus ins Land und die Region.

Autor:

Redaktion Land und Region
Christian Kluge

Fotos: Kluge Kommunikation

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