02.10.2025 – land und region
Die EU plant eine Neuregelung der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) mit dem erklärten Ziel, die Marktstellung der Landwirtinnen und Landwirte zu stärken. Zukünftig sollen verpflichtende Verträge zwischen Erzeugern und Abnehmern eingeführt werden. Diese Verträge sollen Preise, Mengen und Laufzeiten verbindlich regeln. Was auf dem Papier nach mehr Fairness und Planbarkeit klingt, stellt sich in der landwirtschaftlichen Praxis jedoch als riskanter Rückschritt mit mehr Bürokratie heraus.
Verbindliche Vertragsinhalte sollen angeblich mehr Sicherheit schaffen. Doch die Realität auf den Höfen sieht anders aus. Landwirtschaft funktioniert nicht auf Knopfdruck, sie ist abhängig von Natur, Wetter und äußeren Einflüssen.
Wenn Erträge schwanken oder Wetterextreme wie Hagel oder Dürre auftreten, können Lieferverpflichtungen aus Verträgen schnell zur Falle werden. Wer dann weniger liefert als vereinbart, riskiert nicht nur den Vertrauensverlust beim Abnehmer, sondern muss unter Umständen Schadensersatz zahlen für Umstände, die außerhalb jeder Einflussnahme liegen.
Das Risiko liegt beim Erzeuger
Die geplante Reform verlagert das wirtschaftliche Risiko vollständig auf die Produzentenseite. Denn während Handel und Verarbeitung sich durch langfristige Verträge absichern können, bleibt die Wetter- und Marktrisiko beim Betrieb.
Die Folge: Landwirtinnen und Landwirte tragen allein die Last, wenn etwas schiefläuft bei vollem Produktionsrisiko und wachsender Unsicherheit. Gerade kleinere Betriebe können diese zusätzliche Last nicht auffangen.
Neben der inhaltlichen Problematik bedeutet die Neuregelung vor allem eines: Mehr Bürokratie. Die vertraglichen Verpflichtungen müssen dokumentiert, überprüft und nachgehalten werden, das erzeugt nicht nur zusätzliche Kosten, sondern bindet Zeit und Personal, das in der Landwirtschaft ohnehin knapp ist. Was als Hilfe gedacht ist, wird zum Hemmschuh. Denn wer ständig Formulare ausfüllen muss, hat weniger Ressourcen für das, worauf es eigentlich ankommt: die tägliche Arbeit mit Tieren, Pflanzen und Böden.
Preisniveau im Sinkflug?
Eine weitere Sorge: Die Pflicht zu Festverträgen könnte das durchschnittliche Preisniveau dauerhaft senken. Warum? Weil viele Abnehmer sich gegenüber dem Handel absichern werden, mit Jahresverträgen zu vorsichtigen, also niedrigeren Preisen.
Für die Betriebe bedeutet das: Weniger Verhandlungsspielraum, weniger Flexibilität und weniger Chancen, auf Marktsignale zu reagieren. Ein freier, fairer Markt wird so zugunsten eines verwalteten Systems eingeschränkt, zulasten derer, die ganz am Anfang der Wertschöpfung stehen.
Was es jetzt wirklich braucht
Wer die Landwirtschaft stärken will, braucht keine neuen Vertragspflichten, sondern:
- Wettbewerbsgleichheit im EU-Binnenmarkt
- Abbbau von Bürokratie, nicht neue Formulare
- Stabilität im Preisgefüge, nicht verordnete Unsicherheit
- Respekt vor der Natur als Produktionsfaktor und damit vor den realen Risiken auf den Betrieben
Die geplante Reform der GMO mag politisch gut gemeint sein. Doch sie geht an der Praxis vorbei. Verbindliche Verträge schützen nicht automatisch den Schwächeren vor allem dann nicht, wenn dieser kaum noch frei entscheiden kann, wie er wirtschaftet.
Landwirtschaft braucht Verlässlichkeit, aber keine Gängelung. Wer Versorgungssicherheit will, muss den Betrieben Vertrauen schenken nicht neue Hürden aufstellen.
Grüße gehen raus ins Land und die Region.
Autor:
Redaktion Land und Region
Christian Kluge
Fotos: Kluge Kommunikation