05.09.2025 – land und region

Bäume sind wichtig. Fürs Klima, für die Artenvielfalt, für das Dorfleben. Niemand bestreitet das. Und wenn Menschen freiwillig Bäume pflanzen, ob bei der Baumpflanz-Challenge auf Instagram oder im Alltag auf dem Hof, dann ist das ein Zeichen von Verantwortung, Gemeinschaft und Zukunftsfreude. Doch genau diese freiwillige Motivation wird durch die neue Bremer Baumschutzverordnung in eine komplizierte Bürokratie verwandelt. Was als Schutz gemeint ist, droht zur Bremse für echten Baumerhalt zu werden.

Motivation statt Misstrauen

Die Baumpflanz-Challenge zeigt, wie es auch gehen kann: Menschen pflanzen Bäume, einfach so. Ohne Antrag, ohne Genehmigung, ohne Gutachter. Weil sie wollen, nicht weil sie müssen. Das erzeugt ein Gemeinschaftsgefühl, das wirkt. Genau hier liegt der Unterschied: Freiwilligkeit motiviert, Kontrolle entmutigt. Die neue Verordnung aber misstraut der Eigenverantwortung und ersetzt Motivation durch Formulare.

Die Bremer Baumschutzverordnung ist gut gemeint, aber schlecht gemacht. Sie wurde in erster Linie für städtische Vorgärten und Parkanlagen entworfen, nicht für landwirtschaftliche Höfe, auf denen hunderte Bäume stehen, oft über Generationen gewachsen. Jeder Bauantrag auf dem Hof muss künftig eine vollständige Baumbestandskarte enthalten. Jeder Rückschnitt kann genehmigungspflichtig sein. Selbst alltägliche Hofarbeiten im Wurzelbereich eines Baums, also etwa unterhalb der Krone plus eineinhalb Meter, gelten als potenzielle Ordnungswidrigkeit.

Falsche Anreize statt echter Schutz

Wer glaubt, eine solche Verordnung würde den Bestand sichern, liegt falsch. Sie erzeugt Fehlanreize. Denn sobald ein Baum den geschützten Umfang erreicht, wird er zur potenziellen Quelle von Konflikten. Viele Landwirte überlegen daher, junge Bäume vorsorglich zu fällen oder gar nicht erst zu pflanzen. Denn wer einen Baum pflanzt, schafft sich damit sofort neue Pflichten. So wird aus dem Schutz ein Risiko und aus einer guten Idee eine Einladung zum Rückzug.

Landwirtinnen und Landwirte sollen künftig nicht nur erhalten, sondern auch aktiv pflegen, auf eigene Kosten, versteht sich. Ein kranker Baum? Dann braucht es ein Gutachten. Ein Baum, der weichen muss? Dann folgt eine Ersatzpflanzung, die wiederum sofort unter Schutz steht. Und falls eine Ersatzpflanzung nicht möglich ist? Dann wird eine Ersatzzahlung fällig. Damit wird der Baumschutz zur faktischen Baumsteuer, besonders für Betriebe, die auf engem Raum wirtschaften müssen.

Ungleichbehandlung der Landwirtschaft

Die Verordnung unterscheidet und das nicht zu Gunsten der Landwirtschaft. Kleingärten, öffentliche Einrichtungen und sogar Friedhöfe genießen Ausnahmen und Vereinfachungen. Für landwirtschaftliche Betriebe hingegen gibt es keine explizite Schutzklausel, wie sie in anderen Bundesländern längst Standard ist. Bremen geht damit einen besonders restriktiven Weg, ohne die Praxis realistisch abzubilden.

Ein Blick nach Niedersachsen, Berlin oder Nordrhein-Westfalen zeigt: Es geht auch anders. In vielen Regionen wurde der Schwellenwert für Schutzbäume deutlich angehoben oder die gesamte Satzung abgeschafft, mit dem Ziel, mehr Eigenverantwortung zu fördern. Schleswig-Holstein zum Beispiel hat den landesweiten Baumschutz schon 2003 aus guten Gründen aufgegeben: zu wenig Wirkung, zu viel Papier.

Bäume brauchen Menschen – keine Mauern aus Vorschriften

Die Landwirtschaft ist kein Gegner des Baumschutzes. Im Gegenteil: Auf kaum einem anderen Flächentyp stehen so viele gewachsene Einzelbäume wie auf landwirtschaftlichen Höfen. Doch die neue Verordnung droht aus Partnern Bürokraten zu machen. Wer Bäume schützen will, muss Menschen gewinnen, nicht gängeln. Bäume brauchen Pflege, Platz, Engagement und Menschen, die Lust haben, sie zu pflanzen. Diese Lust erstickt man nicht mit Misstrauen und Sanktionen, sondern nährt sie mit Vertrauen, Freiheit und Respekt vor der Praxis.

Die Zukunft des Baumschutzes liegt nicht im Ordner, sondern im Spaten.

Grüße gehen raus ins Land und die Region.

Autor:

Redaktion Land und Region
Christian Kluge

Fotos: Kluge Kommunikation

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner